Das Wort Trauma stammt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet „Wunde“ oder „Verletzung“. Der US-amerikanische Autor und wohl bekannteste Psychotraumatologe Peter Levine definiert ein Trauma mit den Worten: „Zu viel. Zu schnell. Zu plötzlich.“ Das gilt für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.
Die Diplom-Psychologen und Therapeuten Hans-Joachim Görges und Lydia Hantke greifen in ihrer Definition weiter und erklären: „Ein Trauma resultiert aus einem Ereignis im Leben eines Menschen, das vom individuellen Organismus als potenziell lebensbedrohlich bewertet wird, mit überwältigenden Gefühlen von Angst und Hilflosigkeit verbunden war und daher nicht zeitgleich verarbeitet werden konnte und für dessen Verarbeitung auch in der Folge nicht ausreichend Ressourcen vorhanden waren.“ (Görges/Hantke 2012, S. 54)
Um es ganz vereinfacht auszudrücken, wird eine Erfahrung dann zum Trauma, wenn sie die Möglichkeiten des Betroffenen zur Verarbeitung übersteigt: „Ein Trauma ist vor allem ein Erleben nach dem Erleben (…). Es gibt kein Trauma ,an sich’, kein Geschehen ist allein aus sich heraus traumatisch.“ (Ebd.)
In diesem Sinne gibt es nicht DIE eine Erfahrung, die für ALLE Menschen traumatisierend wirkt. Vielmehr ist entscheidend, welche inneren und äußeren Ressourcen einem Menschen zur Verfügung stehen, um eine Situation zu bewältigen. Das bedeutet auch: Je kleiner und abhängiger ein Lebewesen ist, desto eher kann ein Erlebnis für es zum Trauma werden. Dies lässt sich besonders gut mit folgendem bildlichen Vergleich erklären: Ein Tropfen Gift wird einem Elefanten vermutlich nichts anhaben können, kann aber für eine Maus lebensbedrohlich oder gar tödlich sein.
Für Kinder kann daher nahezu jede Erfahrung traumarisierend sein, nämlich dann, wenn sie diese als bedrohlich und beängstigend erleben oder sich dabei ausgeliefert fühlen. Auf Grund ihrer noch geringen Lebenserfahrung können sie keine Referenzen zu anderen Situationen herstellen. So wissen sie z.B. noch nicht, dass das laute Knallen an Sylvester im Grunde ungefährlich ist. Insbesondere Traumatisierungen, die im vorsprachlichen Bereich, also auch vor und während der Geburt liegen, sind dabei sehr mächtig. (Vgl. Dehner-Rau/Reddemann 2020, S. 16; Lackner 2004, S. 5)
Außerdem hinterlässt eine traumarisierende Erfahrung ihre Spuren tiefer und weiter in der Persönlichkeit eines Menschen, je früher in seinem Leben dieser die Erfahrung machen musste. Für Kinder und Erwachsene, die bereits durch negative Erfahrungen geprägt und belastet sind bzw. schon mit einem Trauma leben, können Erlebnisse also mit höherer Wahrscheinlichkeit wieder zu einem Trauma werden. So konnte eine Untersuchung mit Soldaten, die von einem Einsatz zurück nach Hause gekehrt waren, zeigen, dass vor allem die Soldaten von den Erfahrungen erheblich belastet waren und mit psychischen Problemen zu kämpfen hatten, die schon bereits vor ihrem Einsatz traumatische Erlebnisse machen mussten.
/ Literatur
Dehner-Rau, Cornelia/Reddemann, Luise (2008): Trauma. Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen. Ein Übungsbuch für Körper und Seele. Stuttgart: Trias Verlag
Görges, Hans-Joachim/Hantke, Lydia (2012): Handbuch Traumakompetenz. Basiswissen für Therapie, Beratung und Pädagogik. Paderborn: Junfermann Verlag
Lackner, Regina (2004): Wie Pippa wieder lachen lernte. Fachliche Hilfe für traumatisierte Kinder. Springer Verlag